Kinder mit älteren Geschwistern erreichen in Sprachtests umgerechnet im Schnitt ungefähr drei IQ-Punkte weniger als Gleichaltrige ohne ältere Geschwister. Ein so geringer Unterschied ist praktisch kaum spürbar; dennoch wollten Forscher aus Paris herausfinden, was dazu beiträgt.
Zwei Jahre nach der Niederkunft beurteilten die Mütter die Sprachkompetenz ihrer Kleinkinder. Als diese jeweils drei beziehungsweise fünf bis sechs Jahre alt waren, führten Psychologen ausserdem standardisierte Tests mit ihnen durch.
Unabhängig von Geburtsgewicht, Alter, Bildungsniveau und Einkommen der Eltern sowie von der Zahl der jüngeren Geschwister entwickelten Kinder mit einer grösseren Schwester bis zum Alter von sechs Jahren bessere sprachliche Fertigkeiten als jene mit einem älteren Bruder. Die Autoren vermuten, dass Schwestern ihren kleinen Geschwistern besseren verbalen Input geben, weil sie gleichaltrigen Jungs sprachlich im Schnitt voraus sind. Eine andere Erklärung: Ältere Brüder lenken womöglich die Aufmerksamkeit der Eltern stärker von den Jüngeren ab.
Havron und ihr Team warnen davor, zu viel in das Ergebnis hineinzulesen: «Wir wissen weder, ob sich die Interaktionen zwischen Kindern und ihren älteren Schwestern oder Brüdern unterscheiden, noch, ob die älteren Geschwister das Verhalten der Eltern gegenüber den jüngeren beeinflussen.»
Auszug aus dem Magazin «Gehirn&Geist» 11/2019