Wir können uns schlechter in Personen einfühlen, die in der Hierarchie unter uns stehen. Umgekehrt tritt das Phänomen hingegen nicht auf: Menschen mit wenig Einfluss gelingt es normalerweise ganz gut, sich in die Mächtigen hineinzuversetzen. Dasselbe Phänomen hat ein US-Forschungsteam jetzt für ein weiteres Merkmal nachgewiesen: Je stärker das Selbstwertgefühl, desto schwächer das Einfühlungsvermögen in andere, die sich selbst weniger positiv sehen. Umgekehrt ist es bei negativem Selbstbild jedoch nicht schwer, die Perspektive von Menschen mit positivem Selbstbild einzunehmen, wie die Gruppe um William Swann von der University of Texas in Austin in einer mehrstelligen Versuchsreihe zeigte.
Tatsächlich wollen Menschen unter bestimmten Bedingungen lieber etwas Negatives über sich hören – sofern es einen zentralen Teil ihres negativen Selbstbilds bestätigt. Das jedenfalls besagt die bald 40 Jahre alte «self-verification theory» von William Swann.
Auszug aus dem Magazin «Gehirn und Geist» 02/2021